Geschäftsmieten während Corona: Zürcher Mietgericht urteilt zu Gunsten der Vermieterin

Das Zürcher Mietgericht hat ein erstes Urteil zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Geschäftsmietverträge erlassen. Es schloss eine richterliche Vertragsanpassung im Rahmen der clausula rebus sic stantibus nicht aus. Im konkreten Fall waren die Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt, weshalb das Mietgericht die Klage der Vermieterin auf Zahlung der offenen Mietzinse guthiess.

Unmöglichkeit

Ein Teil der Lehre vertritt die Ansicht, dass die vom Bundesrat angeordneten Massnahmen zu einer nachträglichen Unmöglichkeit geführt haben (Art. 119 Abs. 1 OR). Gemäss dem urteilenden Gericht käme eine nachträgliche (Teil-)Unmöglichkeit nur in Betracht, wenn der Leistungserfolg nicht mehr eintreten kann (Zweckverfehlung). Bei einer blossen Verwendungsunmöglichkeit liege das Risiko beim Mieter, sofern und soweit dies nicht ausdrücklich anders vereinbart wurde. In casu ist das Mietobjekt im Mietvertrag als „Ladenlokal“ resp. „Lager“ bezeichnet worden. Ein konkreter Verwendungszweck wurde nicht definiert. Eine explizite vertragliche Regelung bezüglich der Risikoverteilung im Pandemiefall gab es nicht. Daher kam das Mietgericht zum Schluss, dass die Vermieterin ihre Hauptleistungspflicht trotz den Massnahmen des Bundesrates erfüllt hatte, weshalb nicht von einer Unmöglichkeit auszugehen sei.

Mangel am Mietobjekt

Ob ein Mietobjekt mangelhaft ist, hängt von der Zweckbestimmung der gemieteten Sache, der Lage, dem Alter, der Bauart und der Höhe des Mietzinses ab. Es ist zwischen objekt- und betriebsbezogenen Umständen zu unterscheiden. Das Mietgericht ist der Ansicht, dass staatlich angeordnete Betriebsschliessungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Coronavirus betriebsbezogene Umstände sind. Da das unternehmerische Risiko nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Zusicherung gemacht wurde, verneinte das Mietgericht einen Mangel am Mietobjekt.

Clausula rebus sic stantibus

Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung setzt ein richterlicher Eingriff in einen Vertrag voraus, dass sich die Verhältnisse seit dem Vertragsabschluss geändert haben, dass die Verhältnisänderung weder voraussehbar noch vermeidbar war, dass eine gravierende Äquivalenzstörung vorliegt und der Vertrag nicht vorbehaltlos erfüllt wurde. In Bezug auf die Vorhersehbarkeit war das Mietgericht der Ansicht, dass man zwar jederzeit mit dem Ausbruch einer Pandemie rechnen müsse, dass die getroffenen Massnahmen aber ausserordentlich weit gingen. Selbst bei der viel schwerwiegenderen Spanischen Grippe 1918-1920 sei es nicht zu derart einschneidenden Beschränkungen gekommen. Das Gericht liess aber letztlich offen, ob die Verhältnisänderung vorhersehbar war. Dies, weil die Beklagte nicht dargelegt hatte, in welcher Weise die Massnahmen sich konkret auf ihren Geschäftsbetrieb ausgewirkt hatten. Die Beklagte habe zwar das Recht, der Klägerin den Einblick in den Geschäftsgang zu verweigern. Allerdings könne in diesem Fall nicht geprüft werden, ob von einer „noch im Rahmen liegenden“ oder einer „gravierenden“ Äquivalenzstörung auszugehen sei. Dies gelte, so das Mietgericht, umso mehr, als die Klägerin sich wenig kompromissbereit und lösungsorientiert verhalten habe.

Urteil des Mietgerichts Zürich (MJ210008-L) vom 2. August 2021 (nicht rechtskräftig)

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