Dr.iur. Irène Schilter | 9. Juni 2020
Die durch eine strafbare Handlung geschädigte Person hat die Möglichkeit, sich im Strafverfahren als Straf- und/oder Zivilkläger zu beteiligten. Dabei kann sie neben der adhäsionsweisen Geltendmachung von Zivilforderungen auch Parteirechte wahrnehmen, wie beispielsweise Verfahrensakten sichten oder aber an Befragungen teilnehmen.
Die Erklärung «zur Geltendmachung von Rechten als Privatklägerschaft» ist gegenüber der Strafverfolgungsbehörde spätestens bis zum Abschluss des Vorverfahrens abzugeben. Praxisgemäss werden hierfür vorgefertigte Formulare verwendet, wobei auf diesen Formularen auch die Möglichkeit geboten wird, inskünftig auf die Ausübung der Parteirechte als Privatkläger zu verzichten. Zu beachten ist jedoch, dass falls einmal eine Verzichtserklärung abgegeben wurde, diese endgültig und somit unwiderruflich ist.
Möchte sich eine geschädigte Person demgegenüber als Privatkläger konstituieren und hat entsprechend auch Zivilforderungen bei der Strafverfolgungsbehörde eingegeben, so sollte sich diese jedoch bewusst sein, dass ihr die im Zusammenhang mit dem Zivilpunkt entstandenen Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt werden können. Auch zu berücksichtigen ist, dass eine im Strafverfahren adhäsionsweise geltend gemachte Zivilforderung bereits mit deren Geltendmachung rechtshängig wird. Es wird zwar befürwortet, dass die Forderung möglichst frühzeitig spezifiziert wird. Hierbei handelt sich jedoch bloss um eine Obliegenheit. Eine Bezifferung respektive Begründung ist nach heute geltender Rechtsordnung bis zum Parteivortrag vor dem Strafgericht möglich. Ungeachtet dessen führt bereits die Konstituierung als Privatkläger im Zivilpunkt dazu, dass die im Strafverfahren geltend gemachte Zivilforderung rechtshängig ist und somit nicht zeitgleich auch vom ordentlichen Zivilrichter abgeurteilt werden kann.
Mit dieser Problematik musste sich das Bundesgericht im Entscheid 4A_622/2019 vom 15. April 2020 auseinandersetzten. Dabei wurde auf eine negative Feststellungklage einer A AG gegen eine Schadenersatzforderung einer B SA nicht eingetreten, da die entsprechende Schadenersatzforderung adhäsionsweise in einem laufenden Strafverfahren geltend gemacht wurde und somit bereits rechtshängig war. Die Rechtshängigkeit der Klage wurde bejaht, obwohl die Geschädigte weder selbst Strafanzeige machte noch die Forderung im Detail begründete.
Zusammenfassend ist es wichtig, dass auch geschädigte Personen sich ausreichend und frühzeitig über deren rechtlichen Möglichkeiten sowie deren Konsequenzen informieren, bevor vorschnell Erklärung bezüglich der Geltendmachung oder auch dem Verzicht von Rechten gegenüber der Strafverfolgungsbehörde abgegeben werden.