Anspruch auf Herabsetzung von Geschäftsmieten infolge der COVID-19 – ein Update

Von Dr. iur. Andreas Schilter | 9. Mai 2020

Am 13. März 2020 hat der Bundesrat die COVID-19-Verordnung 2 erlassen. Die Verordnung trat gleichentags in Kraft. Als Folge davon mussten zahlreiche Geschäftsbetriebe ihre Tätigkeit bis auf Weiteres einstellen. Sowohl die Politik als auch die juristische Literatur beschäftigt sich seither mit der Frage, ob die vom Lockdown betroffenen Geschäftsbetriebe Anspruch auf eine Herabsetzung des Mietzinses haben.

Juristische Literatur

Ob ein Anspruch auf die Herabsetzung des Mietzinses bei Geschäftsmietverträgen besteht, ist in der Literatur umstritten. Fraglich ist insbesondere, ob die behördlich angeordnete Schliessung der Geschäftsbetriebe ein Mangel im Sinne von Art. 259d OR darstellt. Ein im Rahmen des Mieterverbandes erstelltes Gutachten kam zum Schluss, dass die behördlich angeordneten Massnahmen einen Mangel darstellen, weshalb die Mieter entweder den Erlass oder die Herabsetzung der Mieten verlangen können. Auch andere Anspruchsgrundlagen werden ins Recht gelegt, so wird behauptet, die gegenwärtige Situation rechtfertige die Anrufung der «clausula rebus sic statibus». Demgegenüber gibt es auch namhafte Experten, welche die Meinung vertreten, dass Vermieter nicht verpflichtet werden können, die gewerblichen Verluste ihrer Mieter zu übernehmen.

Politische Vorstösse

Zur Vermeidung einer Prozessflut wurde versucht, das Problem auf politischer Ebene anzugehen. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-NR) hat daher am 21. April 2020 eine Motion eingereicht, die den Bundesrat beauftragen sollte «Massnahmen zu ergreifen, damit Betreiber von Restaurants und weiteren vom Bundesrat geschlossenen Betrieben gemäss Art. 6 Abs. 2 der COVID-19-Verordnung 2 ihrem Vermieter grundsätzliche nur 30 % der Miete schulden während der Zeit, in welcher sie aufgrund der behördlichen Massnahmen geschlossen bleiben müssen» (Geschäfts-Nr. 20.3142). Der Bundesrat lehnte die Motion ab, weil er grundsätzlich nicht unmittelbar in bestehende Vertragsverhältnisse eingreifen will und weil er eine starre Regelung nicht für sinnvoll hält. Über das Geschäft wurde in der ausserordentlichen Session der Räte dennoch intensiv debattiert. Noch am Vormittag des letzten Verhandlungstages brachte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-SR) einen weiteren Kompromissvorschlag ein. Danach sollten für alle Geschäftsmietverhältnisse die Mietzinsen für zwei Monate um je CHF 5‘000.- herabgesetzt werden, sofern die Bruttomiete für das Mietobjekt den Betrag von CHF 8’000.- pro Monat nicht übersteigt. Während der Ständerat den Mehrheitsantrag der Kommission angenommen hat, wollte sich der Nationalrat nicht mehr mit diesem Vorschlag beschäftigen und vertagte das Geschäft.

Fazit und Kommentar

Für die Inhaber der betroffenen Geschäftsbetriebe ist die juristische Debatte wenig erbauend. Sie haben sich eine schnelle Lösung erhofft. Dazu wird es nun definitiv nicht kommen. Die Haltung des Bundesrates ist in rechtlicher Hinsicht aber nachvollziehbar. Zum einen, weil es nahezu ausgeschlossen ist, dass sich eine generell-abstrakte Regelung finden lässt, die in allen Fällen zu einer gerechten und sinnvollen Lösung führt. Zum anderen, weil sich der rückwirkende Eingriff in privatrechtliche Rechtsverhältnisse effektiv als sehr problematisch erweisen würde. Es ist deshalb zu vermuten, dass es letztlich das Bundesgericht sein wird, welches die offenen Fragen zu klären hat.

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