Von Dr. Irène Schilter | 3. Mai 2019
Der Erbschein beinhaltet eine schriftliche Bestätigung des zuständigen Erbschaftsamtes, wer „prima facie“ als Mitglied einer Erbengemeinschaft zu betrachten ist und stellt somit ein wichtiges Legitimationsmittel gegenüber Behörden, Banken und Versicherungen dar, um über die Erbschaftssachen respektive den Nachlass bis zur finalen Erbteilung zu verfügen.
In einem Urteil 5A_757/2016 hat sich das Bundesgericht im Detail mit der Frage der Rechtsnatur eines Erbscheins auseinandergesetzt wie auch mit der Kognition des auszustellenden Erbschaftsamtes. Dabei hielt das Bundesgericht vorab fest, dass ein Anspruch auf Ausstellung einer Erbbescheinigung entgegen dem Wortlaut von Art. 559 Abs. 1 ZGB nicht nur gesetzliche, sondern auch eingesetzte Erben haben. Bezüglich der materiellen Beurteilung durch die zuständige Amtsstelle führte das Bundesgericht aus, dass der Erbschein nur eine „prima facie“ Beurteilung darstellt. Die Kognition der Erbschaftsbehörde sei beschränkt und bloss provisorischer Natur. Es handelt sich um eine vorläufige Beurteilung der Rechtsnachfolge aufgrund der in diesem Moment zugänglichen Unterlagen.
Wird gegen eine letztwillige Verfügung somit nicht innerhalb von einem Monat Einsprache erhoben, so stellt das Erbschaftsamt den Erbschein basierend hierzu aus (Art. 559 Abs. 1 ZGB). Ist eine Person nach Ausstellung des Erbscheins mit der Beurteilung der Rechtslage durch das Erbschaftsamtes nicht einverstanden, so hat diese mittels erbrechtlicher Klage den ordentlichen Richter anzurufen. Das Erheben eines Rechtsmittels gegen den ausgestellt Erbschein ist demgegenüber nicht möglich. Dies ist insofern von zentraler Bedeutung, als dass erbrechtliche Klagen praxisgemäss einige Monate oder gar Jahre dauern und während dieser Zeit der Erbschein als Legitimationsmittel weiterhin seine Gültigkeit hat. In diesem Sinne ist es zu empfehlen, bereits vor Ablauf der einmonatigen Frist und somit vor Ausstellung des Erbscheins eine allfällige Berechtigung frühzeitig zu bestreiten.