Von Dr. Irène Schilter | 6. August 2017
Im Urteil 4A_45/2017 vom 27. Juni 2017 hatte sich das Bundesgericht erneut mit der Frage der zeitlich zulässigen Dauer eines Aktionärbindungsvertrag respektive der Rechtsfolge für den Fall einer übermässigen Bindung auseinanderzusetzten.
Sachverhalt
Gegenstand dieses Verfahrens war ein Aktionärbindungsvertrag aus dem Jahre 1985, welcher als unkündbar sowie auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Materiell wurden Bestimmungen zum Vorkaufsrecht, der Wahl in den Verwaltungsrat sowie zu geldwerten Ausschüttungen vorgesehen. Im Dezember 1986 schied Aktionär B (Kläger / Beschwerdegegner) aus dem Verwaltungsrat aus. Im Jahre 1998 fanden Gespräche zu Vertragsanpassungen statt, welche jedoch erfolglos verliefen. Am 28. April 1999 kündigte Aktionär A (Beklagter / Beschwerdeführer) den Aktionärbindungsvertrag, wobei Aktionär B weiterhin daran festhielt und gleichzeitig seine Wiederwahl in den Verwaltungsrat beantragte.
Abgrenzung zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund
In einem ersten Schritt nahm das Bundesgericht bei seiner Beurteilung zu einem früheren Entscheid in ähnlicher Sache (BGE 129 III 209) Stellung, welcher in der Lehre verschiedentlich Anlass für Kritik gab. Dabei hielt das Bundesgericht klärend fest, dass eine gegen Art. 27 Abs. 2 ZGB verstossende übermässige Bindung – welche von der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund zu unterscheiden sei – nicht von Amtes wegen festgestellt wird, ausser es sei der höchstpersönliche Kernbereich einer Person betroffen. Im Übrigen begründet Art. 27 Abs. 2 ZGB bloss eine Art Einrede im untechnischen Sinn gegen den Erfüllungsanspruch des Kontrahenden. In jedem Fall sei für die Anrufung von Art. 27. Abs. 2 ZGB aber keine Kündigung im formellen Sinn erforderlich.
Nachfolgeregelung als zeitlicher Benchmark
In Bezug auf den konkret zu beurteilenden Aktionärbindungsvertrag hielt das Bundesgericht fest, dass der Vertrag für den A im Rahmen der tatsächlichen Handhabung – auch wenn allenfalls in einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht – nicht für dessen Existenz bedrohend sei. So sei auch eine lange Vertragsbindung zulässig, wenn diese mit der Aktionärseigenschaft gekoppelt ist und faire, nicht erheblich erschwerende Bedingungen vorgesehen sind. Eine übermässige Bindung kann aber dann vorliegen, falls diese im Rahmen einer Nachfolgeregelung die gesamte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit einer Vertragspartei betrifft, weshalb die Aktionärbindungsverträge generell auf ca. 25 bis maximal 30 Jahre abgeschlossen werden sollten, um die persönliche Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Nachfolgeregelung nicht übermässig einzuschränken (E. 5.6). Dem war nach Ansicht des Bundesgerichts Rechnung zu tragen, indem der Aktionärbindungsvertrag zeitlich begrenzt wurde und dessen Wirkung ex nunc dahinfallen sollte.